11.05.2024
So überleben Sie die "Mausefalle"
Wie können Sie diese Tragödie in Ihrem Unternehmen mit einem einfachen Schritt vermeiden?
Jüngste Studien der Europäischen Arbeitsschutzorganisation (OSHA) zeigen erschütternde Ergebnisse beim Umgang mit Gabelstaplern. Das Umkippen mit dem Stapler erweist sich als eine der häufigsten Ursachen für tödliche Unfälle am Arbeitsplatz. In fast allen Fällen wurde der Fahrer zwischen dem Gabelstapler und dem Boden eingequetscht und erlitt massive Kopf- oder Brustverletzungen.
Doch das muss nicht passieren
In dieser Ausgabe von Stapler Fokus erklären wir, wie man beim Umkippen von Gabelstaplern regieren sollte – denn die Experten glauben, dass viele Gabelstaplerfahrer diese Gefahr unterschätzen.
Und wir beginnen wir mit einer einfachen Regel, die Sie noch heute umsetzen können, um das Leben Ihrer Kollegen zu retten und teure Bußgelder und Schadensersatzforderungen zu vermeiden.
Anschnallen rettet Leben
Für Autos wurde das Sicherheitsgurtsystem eingeführt, um den Fahrer bei einem Aufprall mit hoher Geschwindigkeit zu fixieren und zu verhindern, dass er mit dem Lenkrad oder der Windschutzscheibe kollidiert. Warum aber sind Gabelstapler mit einem Sicherheitsgurt ausgestattet, obwohl sie doch sehr viel langsamer fahren?
Die Antwort ist einfach: Der Sicherheitsgurt an einem Gabelstapler dient nicht nur dazu, den Fahrer bei einem Aufprall zu schützen, sondern er soll ihn daran hindern, seinem natürlichen Drang zu folgen und von dem Fahrzeug herunterzuspringen. Denn diese Flucht zieht oft tödliche Verletzungen nach sich.
Sicherheitsgurte in Gabelstaplern verhindern, dass die Fahrer beim Kippen des Staplers von dem Sitz in eine aufrechte und nach außen gerichtete Position rutschen, da dies die Gefahr erhöht, dass der Kopf zwischen dem Schutzdach und dem Boden eingeklemmt wird.
Bei der Untersuchung von Todesursachen dokumentieren Gerichtsmediziner immer häufiger tragische Fälle, in denen ein Gabelstapler umgekippt ist und der Fahrer aus einem Reflex heraus versuchte, aus dem Fahrzeug zu springen. Bei diesem Versuch, sich zu retten, sterben viele Fahrer. Der Gabelstaplerfahrer wird zwischen dem Schutzdach und dem Boden eingekeilt und erleidet schlimme Verletzungen.
So überleben Sie die "Mausefalle"
Ohne Sicherheitsgurt können Sie sich beim Umkippen des Staplers mithilfe dieser drei Aktionen in eine stabile Position bringen:
1: Lehnen Sie sich entgegengesetzt zur Kipprichtung.
2: Greifen Sie das Lenkrad – oder besser noch: Greifen Sie nach den Handgriffen, um sich im Sitz abzustützen.
3:Stemmen Sie Ihre Füße nach unten und drücken Sie sich in den Sitz zurück.
Die beste Lösung: Legen Sie den Sicherheitsgurt an!
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Weder Schulungen, noch Erfahrungen, noch besseres Wissen scheinen die Fahrer daran zu hindern, der „Mausefalle“ entkommen zu wollen.
Dabei muss der Fahrer nur die Nerven behalten, in der Kabine bleiben und sich möglicherweise am Lenkrad oder den Haltegriffen abstützen. Auch wenn der Fahrer hierbei vielleicht leichte Verletzungen erleidet, kommt er bei dieser Art von Unfall fast immer mit dem Leben davon.
Studien haben gezeigt, dass der Drang, aus dem Fahrzeug zu springen, so unwiderstehlich ist, dass die beste Schutzmaßnahme darin besteht, den Sicherheitsgurt anzulegen, um den Fahrer an diesem Sprung zu hindern.
Folgendes können Sie ab sofort tun, um Leben zu retten: Erklären Sie das Anlegen des Sicherheitsgurts in Ihrem Unternehmen zur unbedingten Vorschrift. Wenn Sie an Ihrem Arbeitsplatz jemanden sehen, der ohne angelegten Sicherheitsgurt fährt, halten Sie ihn an und bestehen Sie darauf, dass der Fahrer den Gurt benutzt. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Kollegen ebenfalls davon erfahren.
Auch wenn es vielleicht als nicht cool gelten mag, sich auf einem langsam fahrenden Gabelstapler anzuschnallen – es ist allemal besser als zerquetscht zu werden.
Oben: Wenn ein Gabelstapler umzukippen beginnt, muss der Fahrer zwingend in der Kabine bleiben.
Warum kippen Gabelstapler um?
Kippunfälle können durch viele unterschiedliche Situationen entstehen, doch ist in jedem dieser Fälle die Stabilität des Gabelstaplers durch schlechte Fahrweise oder mangelndes Verständnis der grundlegenden Prinzipien der Stabilität des Staplers beeinträchtigt.
Die so genannte Stabilitätspyramide bildet die Grundlage der Stabilität des Gabelstaplers. Gabelstapler-Fahrlehrer sehen die Pyramide als eines der am schwierigsten zu vermittelnden und dennoch wichtigsten Konzepte an. Ein wesentliches Problem – das auch Gesundheits- und Arbeitsschutzbehörden bereits erkannt haben – besteht darin, dass die Ausbildungszeit nicht ausreicht, um sicherzustellen, dass dieses Prinzip tatsächlich verstanden wird.
A: Rückseite der Stabilitätspyramide – der Pendelpunkt (Drehzapfen) der Hinterachse B: Vorderseite des Fundaments der Stabilitätspyramide C: Höhenschwerpunkt des Staplers D: Höhenschwerpunkt des Staplers E: Lastschwerpunkt F: Kombinierter Höhenschwerpunkt |
Wie verschiebt sich der Höhenschwerpunkt?
Der kombinierte Höhenschwerpunkt (CCOG) ist der Punkt, der in dem Dreieck bzw. der Pyramide gehalten werden muss. Der Stapler selbst hat einen eigenen Höhenschwerpunkt, der typischerweise etwa 20cm unterhalb des Fahrersitzes liegt. Darüber hinaus verfügt die Last über einen Höhenschwerpunkt – den Lastschwerpunkt –, der üblicherweise etwa 500mm vor dem Lastschutzgitter der Gabel liegt. Diese beiden Kräfte bilden den kombinierten Höhenschwerpunkt: ein neuer, beweglicher Höhenschwerpunkt, der innerhalb der Pyramide bleiben muss. Wenn dieser Punkt sich nach vorne aus der Pyramide heraus bewegt, kippt der Stapler nach vorne. Bewegt sich der Punkt nach rechts oder links aus der Pyramide heraus, kippt der Gabelstapler zur Seite.
Wenn das Fahrzeug steht, liegt der kombinierte Höhenschwerpunkt auf einer vom Höhenschwerpunkt des Gabelstaplers zum Lastschwerpunkt gezogenen Linie. Wenn die Last angehoben wird, bewegt sich der kombinierte Höhenschwerpunkt ebenfalls nach oben – in ein immer kleiner werdendes Dreieck.
Warum ein Dreieck?
Vielen Gabelstaplerfahrern fällt es schwer, das Konzept zu verstehen, dass das Fundament ihrer Stabilitätspyramide ein Dreieck bildet, und nicht ein Quadrat mit einem Rad in jeder Ecke – insbesondere bei einem Gabelstapler mit vier Rädern. Die Basis der Pyramide verbindet die beiden Vorderräder auf dem Boden mit dem Pendelpunkt der hinteren Lenkachse, sodass sie selbst bei einem Vierrad-Gabelstapler ein Dreieck mit einem Punkt über dem Drehpunkt der Hinterachse bildet.
Die meisten Menschen stellen sich eine Pyramide mit einem quadratischen Fundament vor – wie eine „ägyptische Pyramide“. Eine Pyramide mit einem dreieckigen Fundament wird als Tetraeder bezeichnet. Da diese Pyramide kleiner ist als eine quadratische, fällt es hierbei noch schwerer, den kombinierten Höhenschwerpunkt in ihr zu halten!
Je höher, desto gefährlicher
Da die Pyramide sich schnell nach oben zu einem Punkt verjüngt, werden Lasten, die bei geringer Hubhöhe sehr stabil sind, mit zunehmender Hubhöhe immer instabiler, da der kombinierte Höhenschwerpunkt in einem immer kleiner werdenden Dreieck gehalten werden muss. In großen Hubhöhen kann dieses Dreieck überraschend klein sein – mit einer sehr geringen Fehlertoleranz.
Je schneller, desto gefährlicher
Leider ist der Höhenschwerpunkt nicht die einzige einwirkende Kraft. Bei einem sich bewegenden Gabelstapler wirken aufgrund der Beschleunigung und des Abbremsens weitere Kräfte mit. Selbst sanftes Bremsen kann den effektiven kombinierten Höhenschwerpunkt nach vorn – und aus dem Dreieck – verschieben, sodass die Gefahr besteht, dass der Stapler kippt.
A: Fahrtrichtung B: Zentrifugalkraft C: Resultierende Kraft D: Beschleunigungskraft
Noch schlimmer sind die durch Lenkbewegungen entstehenden dynamischen Kräfte, die den Gabelstapler zur Seite und in die entgegengesetzte Richtung der Lenkbewegung drücken. Siehe Abbildung 3.
Diese Kräfte können bei niedrigen Geschwindigkeiten gering sein, bewegen jedoch den kombinierten Höhenschwerpunkt, und ein erhöhter kombinierter Höhenschwerpunkt muss in einem sehr kleinen Dreieck gehalten werden. Aus diesem Grund fahren richtig geschulte Fahrer niemals mit angehobener Last.
Keine Last, keine Gefahr?
Ohne Last zu fahren ist keine Garantie dafür, dass der Stapler nicht kippt. Bei der Entladung eines Fahrzeugs wird der kombinierte Höhenschwerpunkt nach hinten verlagert, wodurch die Gefahr des Umkippens erhöht wird. Dies passiert häufig, wenn jemand einfach nur zum Spaß mit einem unbeladenen Gabelstapler herumfährt. Gabelstapler sind auf Beweglichkeit und Zugkraft ausgelegt und nicht für scharfe Lenkbewegungen und abruptes Bremsen konstruiert.
Auf stabilem Boden
Die Stabilitätsprinzipien funktionieren hervorragend auf ebenem, festem Boden, doch bei jeder Form von Gefälle wird die Stabilität schnell beeinträchtigt. Gabelstapler arbeiten häufig auf Rampen, sind dabei jedoch besonders gefährdet, wenn Lasten angehoben werden. Aus diesem Grund sollten Gabelstapler immer rückwärts bergab fahren und die Last so niedrig wie möglich halten.
Im Freien erhöht sich das Risiko erheblich. Ein Rad, das bei angehobener Last in einem kleinen Loch absackt, kann ausreichen, um den Stapler umkippen zu lassen.
Anbauten
Wenn ein Anbaugerät verwendet wird – wie etwa eine Ballenklammer –, verlagert das erhöhte Frontgewicht den kombinierten Höhenschwerpunkt weiter nach vorn und erhöht so die Gefahr, dass der Gabelstapler nach vorn kippt, erheblich. Aus diesem Grund muss der Fahrer die veränderten Verhaltenseigenschaften eines Gabelstaplers mit einem Anbaugerät vollständig verstehen.
Das Leben der Kollegen in Ihren Händen
Es gibt keinen „Staplerunfall“ in dem Sinne. Ein Unfall ist das Ergebnis schlechter Fahrweise, schlechter Ausbildung, schlechter Wartung oder einer Kombination dieser Ursachen.
Konkrete Maßnahmen
- Vergewissern Sie sich, dass alle Ihre Stapler mit einem Fahrerrückhaltesystem (Sicherheitsgurt) ausgestattet sind.
- Vergewissern Sie sich, dass alle Fahrer jederzeit das Fahrerrückhaltesystem oder den Sicherheitsgurt angelegt haben, und sprechen Sie die Fahrer, die dies versäumt haben, darauf an.
- Investieren Sie in Fahrerschulungen und Auffrischungskurse – damit die Fahrer mit den sicheren Praktiken vertraut sind.
Ein Artikel von Stapler Fokus